Grund- und Mittelschule Scharrerstraße

Grund- und Mittelschule Scharrerschule

Der geschändete Julius

Mit Beginn des Schuljahres 1938/39 mussten die Buben und Mädchen der 8. Klasse aus Zabo, die bisher die Siedlerschule besucht hatten, ins Scharrerschulhaus. Dort gab es nicht nur nach Geschlechtern getrennte Klassen, sondern sogar eigene Eingänge für Knaben und Mädchen. Damals hieß die Schule auch 'Julius-Streicher-Schule'. Sie wurde nämlich 1936 umbenannt und erhielt den Namen des berüchtigten 'Frankenführers', der einige Jahre hier als Lehrer tätig war.

Die Knaben aus Zabo schlossen schnell Freundschaft mit den Kameraden aus Gleißhammer und St. Peter. Nur der neue Lehrer brachte Wirbel in den Schulalltag. Der zweihundertprozentige Nazi verehrte den obengenannten Frankenführer über alles und machte ihn zu seinem Idol.
Anstelle des vor Unterrichtsbeginn üblichen Morgengebetes beschränkte er sich auf einen Satz: "Gott schütze unseren heißgeliebten Frankenführer".

Zeugnis

Als besondere Attraktion galt die in Marmor gearbeitete Büste jenes Mannes, die im Eingangsbereich der Knabenschule aufgestellt war. An einem Wintertag, es regnete und schneite den ganzen Vormittag, lag der Matsch knöcheltief im Schulhof. Kurz nach der Pause passierte dann etwas, was unseren geistigen Betreuer aus dem Gleichgewicht brachte. Ein Junge fand im Hof eine verschmutzte Schimütze und patschte sie dem steinernen Julius treffsicher auf die Glatze. Die Schüler feixten respektlos vor dem entstellten Denkmal und rissen ihre Witze. Die Mehrheit der Lehrerschaft zeigte eine vornehme Zurückhaltung. Bei einigen Lehrkräften konnte der aufmerksame Beobachter sogar ein schadenfrohes Grinsen feststellen. Ganz anders reagierte unser tiefbrauner Pauker. Er tobte im Flur herum, sprang von einem Bein auf das andere wie weiland Rumpelstilzchen und brüllte ständig: "Wer war das? Wer war das?" Währenddessen begann der restliche Schnee in der Mütze zu schmelzen und die dreckige Brühe rann in kleinen Bächen dem solchermaßen geschändeten Julius über Stirn, Nase und Ohren. Verzweifelt versuchte der Tobende mit seinem Taschentuch das Standbild zu säubern. Das Unterfangen jedoch misslang, denn durch den auf dem ganzen Kopf verteilten Dreck bekam es erst recht ein jämmerliches Aussehen. Bei seiner Putzerei entschuldigte sich unser Lehrer unaufhörlich bei der 'Büste' für das fürchterliche Vergehen. Diese Schande musste seiner Meinung nach rasch beseitigt werden. Er rief den Hausmeister, der unter seiner persönlichen Aufsicht die Spuren dieses ungeheuerlichen Frevels beseitigen musste. Die abschließende Politur mit dem Staublappen nahm er selbst vor.

Altes Klassenfoto

An diesem Tage dauerte es lange, bis unser Klassenleiter den Unterricht wieder aufnahm. Zur Strafe mussten wir einige Seiten über den von ihm heißgeliebten, jetzt so schändlich beleidigten Frankenführer schreiben. In den nächsten Tagen sah man ihn noch in den Ecken des Flurs herumschleichen, ständig die Büste beobachtend, in der Hoffnung, einen neuen Übeltäter auf frischer Tat ertappen zu können.

Den Attentäter hat er aber nicht erwischt, Gott sei Dank!

Hans Liebel

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